Hat sich nicht jeder von uns schon Gedanken gemacht über sein persönliches Lebensschicksal und nach Sinn und Gerechtigkeit im Leben? Besonders in schwierigen Lebenssituationen, tauchen Fragen auf wie: „Warum trifft es immer mich?“ oder „womit habe ich jetzt diese Überraschung wieder verdient?“
Bei der Suche nach Erklärungen für die Herkunft und das Funktionieren des eigenen Schicksals sucht man heute leider nur zu oft in den rein rationalen, biologischen und wissenschaftlichen Denkmodellen. Dabei gibt es noch eine andere Möglichkeit, sein Schicksal zu verstehen. Auf den Grundlagen von Inspiration mit verinnerlichtem, gefühltem und traditionellem Wissen geben diese andere Antworten und Erkenntnisse – spielerisch intuitiv und trotzdem mit viel Wahrheit: Die Welt der Märchen und Mythen.
In der griechischen Mythologie spinnen die drei Spinnerinnen als Schicksalsfrauen jedem Menschen seinen eigenen Schicksalsfaden. Es sind die drei Moiren : Klotho deren Aufgabe es ist, den Lebensfaden zu spinnen, der von Lachesis die die Länge des Lebensfadens bemisst und von Atropos wird zum Ende der Lebensfaden abgeschnitten.
Gegen die Zuweisung des gesponnen Fadens kann sich niemand auflehnen oder entziehen. Wenn der Mensch sich gegen dieses Schicksal auflehnt, wird er nur zum tragischen Helden.
Ist es tatsächlich so, dass alle Geschehnisse vorbestimmt sind und der Schicksalsfaden einfach abgespult wird oder haben wir eine Chance, Einfluss zu nehmen wenn man die Dinge erkennt? Auch hier erzählen uns Märchen und Mythen von Helden die den Moiren ein Schnippchen schlagen. Admetos zum Beispiel hatte das Privileg, dass wenn seine Zeit zum Sterben gekommen ist, er weiterleben darf, wenn jemand anderer freiwillig an seiner statt in den Tod geht. Die Märchen und Mythen haben ihre eigene Weisheit und sie zeigen uns auf, dass es sowohl fatale Verkettungen gibt, wie aber auch ausserordentliche Chancen.
So können einem Märchen und Mythen Hoffnung und Mut geben, um aus der vermeintlichen Unausweichlichkeit auszubrechen. Es ist nicht alles zum vornherein festgelegt, und mit Überzeugung, Mut und Ausdauer ist ein Neuanfang immer möglich. Voraussetzung dafür ist aber immer von seinem alten Selbstbild Abschied zu nehmen (was nicht immer so einfach ist).
Es waren einmal zwei Bauern, die als Nachbarn nebeneinander lebten. Sie hatten gleich gutes Ackerland und bearbeiteten es auf die gleiche Weise.
Der eine Bauer brachte jedoch kaum Ernte ein und wurde immer ärmer, wogegen der andere Scheune und Fass stets gut gefüllt hatte. Darob wurde der arme Bauer sehr unglücklich.
Eines Tages, als er wieder einmal am grübeln war, wo die Wurzeln seines Unglücks lägen, sah er einen Mann auf des Nachbarn Land arbeiten. „Hallo“ sagte er, „was machst Du da?“ „Ich säe Roggen“ antwortete der fremde Mann. Der Bauer wunderte sich und fragte gleich nach: „Und wann säst Du bei mir?“
„Bei Dir säe ich nicht“ bekam er als Antwort. „Warum nicht?“ wollte nun der Bauer wissen. „Ich bin das Glück des reichen Bauern“ gab der Mann zur Antwort. “Und wo ist mein Glück?“ fragte der unglückliche Bauer ganz aufgeregt? „Das liegt dort hinter dem großen Stein“ zeigte ihm der Mann.
Der Bauer eilte zu dem Stein und fand tatsächlich einen Mann dort, der jedoch am Boden lag und schlief. „He Du, steh auf! Bist Du mein Glück?“ rief er ihm ungeduldig zu. Der Mann erhob sich müde und sprach: „Ja, ich bin Dein Glück“. „Dann säe auch Du jetzt meinen Roggen!“ forderte er unwirsch. „Ich säe keinen Roggen“ gab der Mann zur Antwort. „Wieso nicht“ fragte der Bauer, „Du bist doch mein Glück!“ „ Ja, ja“ erwiderte der Mann, „aber ich bin kein Glück eines Bauern, ich bin das Glück eines Kaufmanns.“ Der Bauer schaute fragend drein. „Verkaufe Dein Land und Deinen Hof, gehe in die Stadt und kaufe Dir ein Geschäft. Dann wirst Du sehen.“ Der Bauer tat, wie ihm geheißen. Er verkaufte sein Land und seinen Hof, verließ das Dorf und kaufte sich in der Stadt ein Geschäft. Von da an war sein Glück stets bei ihm. Das Geschäft blühte und aus dem armen Bauern wurde ein glücklicher Kaufmann. (Quelle: Finnische und Estnische Märchen)
Wir bestimmen letztlich also selber, wieviel wir von unserem „Lebensfaden“ beeinflussen wollen und welche Dinge wir wahr werden lassen wollen!