Was sonst noch alles mit dieser wunderbar selbstgesteuerten Entspannungsmethode möglich ist:
Die Klientin liegt entspannt auf der Relax-Liege, ihr Atmen strömt ruhig und regelmässig, ihr Körper-Tonus ist angenehm entspannt, was ihr in sich ruhendes Gesicht dem Betrachter mitteilt. Leise Musik erklingt. Für ausreichende Wärme wurde gesorgt, eine Decke hüllt den Körper in Geborgenheit.
Seit einigen Wochen hat Sabrina, die Klientin, selbständig Autogenes Training geübt. Täglich, diszipliniert, mindestens einmal. Anfänglich mit Überwindung, dann jedoch immer mit mehr Begeisterung, denn die Einfachheit dieser Methode besticht auch durch ihre leichte Erlernbarkeit. Der Gewinn der sich immer schneller einsetzenden Ruhe und des Theta-Zustandes ist sehr wohltuend und harmonisierend.
Heute wird sie bei ihrer Therapeutin eine therapeutische Sitzung erhalten. Über die wunderbar angeeignete Entspannungsmethode des AT hat sie sich zuerst in der Praxis selber entspannt. Die Therapeutin sitzt ruhig daneben und gibt Sabrina Raum, sich in ihrem Tempo zu entspannen. Erst, als Sabrina mit einem Fingerzeig angibt, bereit zu sein, übernimmt die Therapeutin ihren leitenden Part.
Sabrina möchte am Thema der Geburt ihrer ersten Tochter arbeiten, welche für alle Beteiligten sehr traumatisch war.
Die Worte der Therapeutin: „Vor Deinem inneren Auge entwickelt sich ein Bild einer Wiese….(Sabrina bestätigt mit dem Finger, wenn sie das Bild hat, sie ist sogar in der Lage, die Wiese und sonstige Details exakt zu beschreiben, auch ihre Gefühlslage kann sie benennen)….suche nun Dein Seelen-Haus auf, liebe Sabrina….lass dir Zeit….was siehst du?“.
Sabrina spricht nun langsam in stockenden Worten und sehr leise: „Ich sehe alles verschwommen, wie im Nebel. Alles scheint grau und trübe zu sein. Es fröstelt mich und ich fühle mich sehr traurig…“
Zur Klärung des Begriffs „Seelenhaus“: Jeder Mensch hat sein Seelenhaus, das er ganz individuell gestaltet. Es zeigt sich auch je nach Verfassung des Klienten ganz unterschiedlich. Es können ganz konkrete Bilder sichtbar werden, aber sich auch abstrakte Bilder zeigen – sie können sich verschwommen in Farben, Tönen, Gerüchen und Empfindungen manifestieren. Alles ist stets gut und richtig, was entsteht. Je nachdem wie das Bild des Seelenhauses sich zeigt, erkennt man ziemlich schnell die Verletzungen oder die Defizite oder Bereiche, die der Zuwendung, Entwicklung oder Heilung bedürfen.
Die Therapeutin ermutigt: „Gut, lass dir Zeit, die Bilder werden sich dir zeigen…“
Sabrina gelingt es mit der Zeit das Haus zu umrunden, zu beschreiben, etwaige Mängel von aussen zu benennen (kaputte Fenster, ein eingestürztes Dach, die fehlende Haustür….) und dann schliesslich einzutreten. Hier wird in der Regel zuerst betrachtet, beschrieben und schliesslich ein Ort der Sicherheit geschaffen, z.B. in Form eines neuen Zimmers, um an diesem Ort einen sicheren Platz zu wissen. Wenn die Sicherheit verankert ist, geht es an das eigentliche Thema:
„Suche nun jenes Zimmer auf, in welchem dein Thema wohnt….suche die Etage, die Türe, den Zugang….“
Sabrinas Anliegen ist es ja, dass sie am Thema der Geburt ihrer ersten Tochter arbeiten möchte, welche für alle Beteiligten sehr traumatisch war. Auch hier können sich nun verschiedenste Szenen zeigen, je nachdem, was für den Klienten als Belastung empfunden wurde.
Sabrinas Körper beginnt sich zu verkrampfen und sie spricht stockend und schwer atmend: „Ich bin in einem sehr engen, dunklen, feuchten Raum – ich suche nach einem Ausgang – aber er ist so klein, dass ich nicht raus kann. Ich versuche mit den Füssen zu strampeln – aber irgendwie scheine ich mich immer mehr zu verwickeln – ich spüre Angst und einen grosse Enge….“
Durch intuitives, empathisches Erfragen und Führen ist es die Absicht der Therapeutin mit der Klientin das Bild zu verstehen und zu klären. Hierbei ist es hilfreich, Schritt für Schritt, in einem relativ engen Führungs-Stil, mit der Klientin zusammen die relevanten Details zusammenzutragen. Die Absicht ist hierbei, die emotionale Bedeutung zu klären und eine lösungsorientierte Strategie zu entwickeln.
In Sabrinas Geschichte stellt sich heraus, dass sie die Wahrnehmung ihrer Tochter während der eigenen Geburt übernommen hat und dadurch in einen Leidens-Kreis der Machtlosigkeit gefallen ist. Hier gilt es durch zirkuläres Fragen und Perspektivenwechsel, aus der Rolle der Tochter zu gelangen und wieder in das eigene Erwachsene ich zu finden.
Das erlöste Schluss-Bild in ihrem Seelenhaus könnte wie folgt aussehen:
„Ich stehe in einem lichtdurchfluteten Kinderzimmer, wo meine süsse Tochter friedlich schlafend in der Wiege liegt und ich mich zärtlich über sie beuge…..“, spricht Sabrina unter Tränen der Rührung.
Sylvia Gloor & Barbara Prinzing