Letzten Monat haben wir im internen Bereich den Vortrag vom Psychotherapeuten Wolfgang Nitzler veröffentlicht. Er sprach in seinem Selbsterfahrungsbericht mit dem provozierenden Titel „die Segnung einer Autoimmunkrankheit.“ Für uns stellt es sich so dar, dass seine Krankheit vermutlich mit dem Verletztsein seines Inneren Kindes zu tun hat.
Unter dem Inneren Kind bzw. „Kind in uns“ versteht man das verletzte Kind, das man einmal war und das man heute immer noch in sich trägt.
Eine verletzte Kindheit bedeutet, dass traumatisierende Erlebnisse für das Kind unverarbeitet geblieben sind. Der Familientherapeut J.Bradshaw, glaubt, dass dieses vernachlässigte, verletzte Kind im Inneren des Menschen, das aus der Vergangenheit stammt, die Hauptursache für sein menschliche Elend ist.
Der Erwachsene spiegelt immer noch die kindlichen Muster, die er als Kind für seine Überlebensstrategie entwickeln musste. Sehr gut ist dies auch im Vortag von WN nachvollziehbar, wie er als sechsjähriger Knabe aus Scham sein Angstgefühl abgespalten musste. Diese Abspaltung begleitete ihn durchaus schmerzhaft über Jahrzehnte, bis ihm dies bewusst wurde.
Ein Beispiel aus der Praxis hierzu: Martha und Hans kommen in die Praxis weil sie in ihrer Beziehung „feststecken“. Martha ist sehr oft in sich gekehrt, was Hans zur Weissglut treibt, denn er hat das Gefühl, von Martha ausgegrenzt zu werden. Je mehr Fragen er ihr stellt, desto verstockter und unnahbarer wird Martha bis sie schliesslich mit Weinkrämpfen zusammenbricht und Hans wutentbrannt und Türe zuschlagend das Haus verlässt. Beide können ihr eigenes Verhalten nicht wirklich erklären, aber sie bereuen ihre Handlungen und möchten sich verändern.
In der Therapie, die beide aus freien Stücken aufsuchen, ergibt sich, dass auch hier die „verletzten Kinder“ beider und deren Muster massgeblich mit im Spiel sind.
Therapeutisch geht man nun vor, indem man zunächst den Schilderungen der Klienten zuhört.
Daher nun kurz zur Kindheit der beiden.
Martha (27 Jahre) hat, nachdem sie als Vier jährige vom Ziehvater sexuell missbraucht worden war und er ihr angedroht hatte, sie würde in die Hölle kommen, wenn sie jemandem davon erzählen sollte, beschlossen, von nun an zu schweigen.
Hans (30 J.) wiederum hatte eine intellektuelle Mutter, die als Wissenschaftlerin ihrem Sohn von klein an eingetrichtert hatte, dass es für alles eine Ursache gebe, auch für jegliches Verhalten. Es ginge immer nur darum, diese Ursache zu ergründen. Das mache einen intelligenten Menschen aus und schütze vor bösen Überraschungen. Als Hans 6 Jahre alt war, ließ sich die Mutter scheiden. „Ich hätte es wissen können“, sagte sie zu Hans.
Beiden, Martha und Hans, wird vorgeschlagen, zu den Therapiesitzungen einzeln zu kommen.
Wie es nun mit der therapeutischen Arbeit weiter geht, wird am Seminar „Das Kind in uns“ ausführlich dargestellt.
Barbara Prinzing und Günter Speyl
John Bradshaw: Das Kind in uns