In einem fernen, warmen Land bricht eines Abends nach einem langen Marsch in einem kleinen Dorf am Rande der Wüste ein Kamel unter einer Last zusammen. Es steht nicht mehr auf, bleibt einfach am Boden liegen. Die Bewohner des Dorfes kommen zusammen und kümmern sich um das erschöpfte Kamel, nehmen ihm die Last ab und versorgen es. Dann sitzen sie am Abend um ein Feuer und beraten, warum das Kamel zusammengebrochen ist. „Die Last war einfach zu schwer!“ meinte ein schmächtiger Mann. „Das Kamel war zu schwach“, war die Ansicht eines Anderen. Und eine Frau sagte: „Dieser lange Marsch war zuviel!“ Sie rätseln noch lange, was der Grund sei für den Zusammenbruch. Bis der Dorfälteste, der mit geschlossenen Augen lange geschwiegen hat, seine Stimme erhebt: „Dieser Marsch mit dieser Last war für dieses Kamel zu schwer.“ Die Dorfbewohner nicken andächtig und verabschieden sich voneinander für die Nacht.
Wenn jemand zusammenbricht, sei es nun ein Kamel oder ein Mensch, stellen wir uns häufig diese Frage. Ist es der lange Marsch, sollen oder müssen wir unsere Ziele verändern und mehr Selbstfürsorge tun? Ist es die schwere Last, tragen wir zu viel an Belastungen, Sorgen und Schicksalsschlägen? Liegt es an der Konstitution des Kamels? Wie können wir uns stärken? Was können wir tun, dass das Kamel nicht zusammenbricht?
Wir Hypnosetherapeuten sind es gewohnt, uns um andere zu kümmern, für Menschen da zu sein, mit ihnen zusammen an ihren Anliegen zur arbeiten, ihnen ein offenes Ohr für Sorgen und Nöte zu leihen. Wenn dann noch ein langer Marsch in Form von ehrgeizigen Zielen dazu kommt oder die Last durch Belastungen in der eigenen Familie oder Partnerschaft allzu schwer wird, kann es für das Kamel oder die Hypnosetherapeutin auch mal kritisch werden.
Im Seminar „Selbstfürsorge und Supervision“ haben die TeilnehmerInnen Gelegenheit darüber zu reflektieren wie sich Kamel, Marsch und Last in einer langfristig tragfähigen Balance halten. Wir lernen praktische Anwendungen kennen, die wir im Praxisalltag für unsere Psychohygiene einsetzen können, damit wir abends die Sorgen unserer Klienten nicht mit nach Hause tragen und eine gute Trennung von Arbeit und Privatem möglich ist. Weitere Bausteine der Selbstfürsorge sind das bewusste Einplanen von kleinen und grösseren Pausen und das Sich-selbst-Sorge-tragen in körperlicher und seelischer Hinsicht. Im Supervisionsteil dieses neuen IGM Seminars haben wir Gelegenheit uns über schwierige oder belastende Fälle auszutauschen und neue Ideen zur Behandlung zu bekommen, sowie die Gegenübertragung zu erkennen.
Charlotte Lattmann, 27.2.2015